Viele Hersteller, Händler und sogar Kunden fragen: Wann ist keine CE-Kennzeichnung erforderlich? Die Frage wirkt simpel, führt aber häufig in die Irre, weil viele noch von einem angeblichen „CE-Zertifikat“ ausgehen. Ein solches pauschales Zertifikat existiert nicht. CE ist ein Zeichen, das der Hersteller nach korrekt abgeschlossener Konformitätsbewertung am Produkt anbringt und damit rechtlich erklärt: Dieses Produkt erfüllt alle einschlägigen EU-Anforderungen. In diesem Beitrag räumen wir das Missverständnis um den „CE-Zertifikat“-Mythos auf, erklären den Maschinenbegriff nach der Verordnung (EU) 2023/1230, vergleichen Verfahren der Konformitätsbewertung, zeigen strengere Sektoren wie PED, PPE, ATEX und Medizintechnik – und liefern eine klare, prüfbare Liste von Fällen, in denen CE weder nötig noch erlaubt ist.
Spis Treści
Einordnung: CE-Zeichen statt „Zertifikat CE“
CE ist kein amtliches Gütesiegel und kein zentral erteiltes Zertifikat. Der Hersteller bewertet sein Produkt selbst oder mit Hilfe externer Stellen gegen die zutreffenden Rechtsvorschriften, erstellt die EU-Konformitätserklärung und bringt das CE-Zeichen an – sofern mindestens ein anwendbarer EU-Rechtsakt dies fordert. In speziellen Fällen verlangt das Recht zusätzlich eine Beteiligung einer notifizierten Stelle (Notified Body), die ein EU-Baumusterprüfzertifikat bzw. ein Ergebnis aus einem geeigneten Bewertungsmodul ausstellt. Das ändert nichts am Grundprinzip: CE ist ein Zeichen und eine Herstellererklärung, kein allgemeines, von einer Behörde ausgestelltes „CE-Zertifikat“.
Maschinenbegriff nach 2023/1230/EU und Pflicht zur CE-Kennzeichnung
Die Maschinenverordnung (EU) 2023/1230 definiert, wann ein Produkt als Maschine gilt und damit in ihren Geltungsbereich fällt. Eine Maschine besteht aus miteinander verbundenen Teilen mit mindestens einem bewegten Teil und einem Antrieb, der nicht ausschließlich aus menschlicher oder tierischer Kraft stammt. Dazu zählen auch verbundene Maschinen (als Gesamtheit) und Sicherheitsbauteile, deren Fehlfunktion ein Risiko erzeugt. Bringt ein Hersteller eine Maschine im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr oder nimmt sie erstmals in Betrieb, muss er die grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen erfüllen, die Konformitätsbewertung korrekt durchführen, die EU-Konformitätserklärung ausstellen und das CE-Zeichen anbringen.
Maschine, unvollständige Maschine und Baugruppen: Wann ist keine CE-Kennzeichnung erforderlich?
Unvollständige Maschinen (partly completed machinery) erfüllen ihren Zweck noch nicht eigenständig und dienen der Einbindung in eine andere Maschine oder Anlage. Für sie ist CE unzulässig. Der Hersteller liefert stattdessen eine Einbauerklärung und eine Montageanleitung. Erst die vollständig integrierte Endmaschine durchläuft die volle Konformitätsbewertung und erhält CE. Wer Komponenten, Ersatzteile oder Halbzeuge liefert, die für sich genommen keinen eigenen EU-Rechtsakt mit CE-Pflicht auslösen, darf und muss sie nicht CE-kennzeichnen – es sei denn, ein spezieller Rechtsakt verlangt dies für das jeweilige Teil.
Konformitätsbewertung: intern, normenkonform oder mit Notified Body
In der Praxis nutzt der Hersteller für die meisten Maschinen die interne Fertigungskontrolle. Er erstellt die technische Dokumentation, setzt die grundlegenden Anforderungen um und stützt sich möglichst auf harmonisierte Normen, weil diese bei vollständiger Anwendung eine Vermutungswirkung für die Erfüllung der rechtlichen Anforderungen vermitteln. Bei bestimmten Hochrisikoprodukten sieht das Recht zusätzliche Pflichten vor – etwa eine Baumusterprüfung durch eine notifizierte Stelle oder die Bewertung eines Qualitätsmanagementsystems. Damit stellt der Gesetzgeber sicher, dass gefährliche Produkte entweder strikt normenkonform konstruiert oder unabhängig geprüft werden.
Hochrisikomaschinen: Fälle, in denen die CE ohne Notified Body nicht zulässig ist
Die Maschinenverordnung unterscheidet Produktgruppen mit erhöhtem Risiko. Für eine Teilmenge ist die Beteiligung einer notifizierten Stelle zwingend. Für andere Hochrisikoprodukte kann der Hersteller die interne Fertigungskontrolle nutzen, wenn er einschlägige harmonisierte Normen vollständig anwendet und so alle grundlegenden Anforderungen abdeckt. Weicht er ab, fehlen Normen oder decken Normen bestimmte Risiken nicht ab, muss eine notifizierte Stelle einbezogen werden. Diese prüft einen Prototyp (EU-Baumusterprüfung) oder bewertet das QM-System. Erst danach erklärt der Hersteller die Konformität und bringt CE an.
Weitere Rechtsbereiche mit strengeren Verfahren: PED, PPE, ATEX, Medizinprodukte
Neben Maschinen existieren Rechtsakte, die von Beginn an strengere Verfahren fordern. Die Druckgeräterichtlinie (PED) teilt Produkte in Risikokategorien ein: Ab Kategorie II sind Module mit notifizierter Stelle verpflichtend, bei hohen Kategorien häufig EU-Baumusterprüfung und überwachte Produktion oder ein genehmigtes Qualitätssicherungssystem. Ähnlich streng regeln persönliche Schutzausrüstung, Geräte für explosionsgefährdete Bereiche (ATEX) und Medizinprodukte die Beteiligung notifizierter Stellen. In all diesen Bereichen bleibt CE das sichtbare Ergebnis – die vorherige Bewertung läuft jedoch deutlich formalisierter ab.
Wann ist keine CE-Kennzeichnung erforderlich? Grundprinzip
Die Leitfrage beantwortest du am sichersten über den Geltungsbereich: Unterliegt das Produkt mindestens einem EU-Rechtsakt, der CE verlangt? Wenn ja, führt kein Weg an einer sauberen Konformitätsbewertung vorbei. Wenn nein, ist CE weder nötig noch erlaubt. Entscheidend ist also, ob Definition, Produktkategorie und Zweckbestimmung in den Anwendungsbereich fallen.
Wann ist keine CE-Kennzeichnung erforderlich? Konkrete Fälle und Beispiele
Die folgenden Beispiele decken die häufigsten Situationen ab und helfen dir bei der schnellen Einordnung.
Produkte außerhalb des CE-Regimes: Wann ist keine CE-Kennzeichnung erforderlich?
- Produkte, die keinem Rechtsakt des Neuen Rechtsrahmens (New Legislative Framework) unterliegen – etwa viele Möbel, Textilien oder Lebensmittel – dürfen kein CE-Zeichen tragen. Sie unterliegen anderen Regelwerken (z. B. Produktsicherheitsrecht, Lebensmittelrecht), aber nicht dem CE-System.
- Sonderfahrzeuge und Straßenfahrzeuge durchlaufen ein eigenständiges Typgenehmigungsrecht. CE spielt hier keine Rolle. Gleiches gilt typischerweise für bestimmte militärische Güter oder Ausrüstung, die eigenen Regimen folgt.
- Historische Geräte, Antiquitäten oder Sammlerstücke fallen häufig aus den CE-Rechtsakten heraus, sofern der Hersteller sie nicht für einen modernen, bestimmungsgemäßen Gebrauch umrüstet.
Komponenten, Ersatzteile, Halbzeuge: Wann ist keine CE-Kennzeichnung erforderlich?
- Einzelkomponenten ohne eigenständige Funktion im Sinne eines CE-Rechtsakts erhalten kein CE-Zeichen. Beispiel: Ein mechanischer Rohling oder eine Standard-Schraube trägt nicht automatisch CE, solange kein spezieller Rechtsakt dies fordert.
- Unvollständige Maschinen kennzeichnest du nicht mit CE. Du lieferst eine Einbauerklärung und eine Montageanleitung. Erst die finale Gesamtheit – also die fertig integrierte Maschine oder Anlage – erhält CE.
- Ersatzteile für bestehende CE-Produkte benötigen selbst nur dann CE, wenn sie als eigene Produkte unter einen Rechtsakt fallen. Ansonsten genügt der sichere, bestimmungsgemäße Einbau durch den Betreiber oder Instandhalter.
Export außerhalb des EWR und Eigenbau: Wann ist keine CE-Kennzeichnung erforderlich?
- Produkte, die ausschließlich für Märkte außerhalb des EWR bestimmt sind, müssen die CE-Anforderungen nicht erfüllen. Sie unterliegen dem Recht des Ziellandes. Achte darauf, dass keine Inverkehrbringung im EWR stattfindet (auch nicht über Zwischenlager, Vorführungen oder kostenlose Abgaben).
- Bau für den eigenen Privatgebrauch ohne Inverkehrbringen im EWR löst keine CE-Pflicht aus. Sobald du das Produkt jedoch im beruflichen Umfeld nutzt oder es anderen bereitstellst, greifen Arbeitsschutz- und Produktsicherheitsregeln. Dann musst du prüfen, ob CE-Pflichten entstehen.
Verwechslungen vermeiden: Wann ist keine CE-Kennzeichnung erforderlich?
- „Freiwilliges CE“ gibt es nicht. Das CE-Zeichen ist kein Marketing-Siegel, sondern ein rechtlicher Nachweis der Konformität. Wer CE ohne Rechtsgrundlage anbringt, handelt irreführend und riskiert Bußgelder, Vertriebsverbote und Rückrufe.
- Prüfzeichen Dritter (z. B. aus Qualitäts- oder Sicherheitsprüfungen) ersetzen CE nicht. Sie können zusätzlich Vertrauen schaffen, ändern aber nichts an der Pflicht zur CE-Kennzeichnung – oder an deren Verbot – je nach Geltungsbereich.
Vorsicht vor unzulässigem CE-Zeichen und rechtlichen Folgen
Bringst du CE unrechtmäßig an, verstößt du gegen Marktüberwachungsrecht. Behörden können den Verkauf untersagen, Produkte zurückrufen lassen, Bußgelder verhängen und dich zu Abhilfemaßnahmen verpflichten. Für Importeur und Händler gilt: Wer sein eigenes Marken-Label aufbringt oder ein Produkt unter eigenem Namen bereitstellt, gilt rechtlich oft als Hersteller – samt vollständiger Verantwortung. Prüfe deshalb vor jeder Kennzeichnung, ob ein CE-Rechtsakt anwendbar ist, ob du alle Anforderungen erfüllt hast und ob deine technische Dokumentation vollständig vorliegt.
Praxis-Checkliste für Hersteller und Importeure
- Produkt eindeutig beschreiben: Zweck, Zielnutzer, Betriebsumgebung, Energiequelle.
- Anwendungsbereich prüfen: Fällt das Produkt in einen EU-Rechtsakt mit CE-Pflicht (z. B. Maschinen, PED, ATEX, EMV, Funk, Niederspannung, Spielzeug, PPE, Medizin)?
- Wenn ja: einschlägige grundlegende Anforderungen identifizieren, harmonisierte Normen wählen, technische Dokumentation erstellen, Gefährdungen bewerten, Instruktionen und Kennzeichnungen festlegen.
- Bewertungsmodul bestimmen: interne Fertigungskontrolle oder Beteiligung einer notifizierten Stelle erforderlich?
- EU-Konformitätserklärung ausstellen, CE-Zeichen korrekt anbringen, Serienüberwachung sicherstellen.
- Wenn nein: CE nicht anbringen. Prüfe dennoch sonstige Pflichten (Produktsicherheitsrecht, Chemikalienrecht, nationale Arbeitsschutzvorgaben).
- Rollen klären: Hersteller, Bevollmächtigter, Importeur, Händler – jede Rolle bringt Pflichten mit sich (Rückverfolgbarkeit, Prüfungen, Dokumentation, Korrekturmaßnahmen).
Fazit: Klar entscheiden, wo CE hingehört – und wo nicht
CE ist weder ein freiwilliges Qualitätssiegel noch ein pauschales Zertifikat. CE steht für die rechtsverbindliche Erklärung des Herstellers, dass sein Produkt die anwendbaren EU-Anforderungen erfüllt. Du bringst CE nur dann an, wenn ein EU-Rechtsakt dies verlangt und du die Konformitätsbewertung korrekt durchgeführt hast. In allen anderen Fällen gilt: CE weglassen. Gerade bei unvollständigen Maschinen, reinen Komponenten, Exporten außerhalb des EWR oder Produktgruppen unter Sonderregimen lautet die richtige Antwort auf die Leitfrage oft: CE ist hier nicht erforderlich – und nicht zulässig. Wer den Geltungsbereich sorgfältig prüft, Normen klug nutzt und die Verfahren konsequent umsetzt, schützt Nutzer, minimiert Haftungsrisiken und hält Märkte offen.
FAQ: Wann ist keine CE-Kennzeichnung erforderlich?
Nein. Es gibt kein zentrales „CE-Zertifikat“. Der Hersteller erklärt die Konformität in der EU-Konformitätserklärung und bringt CE an. In bestimmten Fällen stellt eine notifizierte Stelle ein EU-Baumusterprüfzertifikat aus – das ist aber kein universelles CE-Zertifikat.
Immer dann, wenn kein einschlägiger EU-Rechtsakt CE verlangt: z. B. bei vielen Möbeln, Textilien, Lebensmitteln, unvollständigen Maschinen (mit Einbauerklärung statt CE) oder Produkten für Märkte außerhalb des EWR.
Nein. CE ist kein freiwilliges Siegel. Ohne anwendbaren Rechtsakt wäre das Zeichen irreführend und rechtswidrig. Es drohen Marktmaßnahmen, Rückrufe und Bußgelder.
Nein. Unvollständige Maschinen dürfen kein CE tragen. Du lieferst eine Einbauerklärung und eine Montageanleitung. Die fertig integrierte Endmaschine erhält CE nach der vollständigen Bewertung.
Baust du für den privaten Eigengebrauch und bringst das Produkt nicht im EWR in Verkehr, besteht keine CE-Pflicht. Stellst du es jedoch anderen bereit oder nutzt es gewerblich, prüfe die Anwendbarkeit der einschlägigen Rechtsakte und Arbeitsschutzvorgaben.
