Verordnung (EU) 2024/1208 über Lärm: Was sich ab 22. Mai 2025 für Maschinenhersteller und Betreiber ändert

Die Verordnung (EU) 2024/1208 über Lärm definiert die Regeln zur Geräuschemission von Maschinen, die im Freien eingesetzt werden, neu. Sie greift tiefer als viele erwarten: Sie vereinheitlicht Methoden, verschärft die Anforderungen an Messberichte und Kennzeichnungen und stärkt die Rolle der Risikobeurteilung. Für Hersteller, Importeure, Händler und Systemintegratoren gilt ab dem 22. Mai 2025 ein präziseres, unmittelbar in allen Mitgliedstaaten anwendbares Regelwerk. Wer frühzeitig analysiert, welche Produkte betroffen sind, und Mess- sowie Dokumentationsprozesse rechtzeitig anpasst, sichert Marktzugang und reduziert Haftungsrisiken.

Was ändert sich mit der Verordnung (EU) 2024/1208 über Lärm ab dem 22. Mai 2025?

Die Verordnung richtet den Fokus auf konsistente, reproduzierbare Lärmmessungen und transparente Kommunikation der Ergebnisse gegenüber Anwendern. Sie ersetzt nicht den gesamten Rechtsrahmen der bisherigen Richtlinien 2000/14/EG und 2005/88/EG, sondern aktualisiert die zentralen Anhänge mit Methoden, Grenzwerten und Informationspflichten. Ab dem Stichtag müssen Sie Messungen nach den aktualisierten Verfahren durchführen, Geräuschkennwerte eindeutig ausweisen und die Ergebnisse in Konformitätserklärung und Anleitung so dokumentieren, dass Dritte sie nachvollziehen können.

Aktualisierung der Anhänge statt kompletter Aufhebung der Richtlinien

Wesentlich ist der Mechanismus: Die Verordnung (EU) 2024/1208 überführt die Leitplanken der bisherigen Richtlinien nicht einfach in ein neues Dokument, sondern erneuert deren Anhänge und hebt dabei die Auslegungssicherheit auf ein höheres Niveau. Für die Praxis bedeutet das: Die Struktur bleibt vertraut, doch die Details werden verbindlicher. Dazu zählen die Beschreibung der Messumgebungen, die Festlegung relevanter Betriebszustände und die Formate, in denen Sie Ergebnisse angeben. Dadurch verringern sich Auslegungsspielräume, die früher zu nationalen Unterschieden oder zu abweichenden Vorgehensweisen geführt haben.

Von der Richtlinie zum unmittelbar geltenden EU-Recht

Während Richtlinien zunächst in nationales Recht umgesetzt werden mussten, gilt die Verordnung (EU) 2024/1208 direkt in jedem Mitgliedstaat. Das senkt das Risiko abweichender Interpretationen, verkürzt Übergangszeiten und ermöglicht Herstellern, europaweit mit identischen Verfahren zu arbeiten. Wer Maschinen in mehrere Länder liefert, profitiert von dieser Harmonisierung: Ein konsistentes Prüf- und Dokumentationspaket reicht für den gesamten EU-Markt.

Verordnung (EU) 2024/1208 über Lärm: präzisere Messmethoden und Referenzbedingungen

Die überarbeiteten Methoden beschreiben die Messbedingungen genauer als bisher. Hersteller müssen den Betriebszustand wählen, der die höchste realistische Geräuschemission erzeugt – nicht den bequemsten. Testflächen, Umgebungsgeräusche, meteorologische Bedingungen und die Qualifikation sowie Genauigkeitsklassen der Messgeräte folgen standardisierten Vorgaben. Ebenso legt die Verordnung fest, wie Sie die A-bewertete Schallleistung (LWA), ergänzende Pegel und die Messunsicherheit bestimmen und berichten.

Konkrete Folgen:

  • Sie prüfen Ihren Gerätepark: Schallpegelmesser, Kalibratoren, Mikrofone, Datenlogger und Auswertesoftware müssen den geforderten Genauigkeitsklassen und Kalibrierintervallen entsprechen.
  • Sie definieren und dokumentieren die Betriebszustände belastbar: Last, Drehzahl, Prozesszyklen, automatisierte Sequenzen und Nebenaggregate dürfen die Messergebnisse nicht verwässern.
  • Sie geben Ergebnisse konsistent an: Kennwerte, Unsicherheiten, Randbedingungen und gegebenenfalls Abweichungen (mit Begründung) erscheinen im Messbericht in einem einheitlichen Format.

Erweiterter Geltungsbereich der Verordnung (EU) 2024/1208 über Lärm: klare Maschinenkategorien

Die Verordnung präzisiert, welche Produkte unter die Anforderungen fallen. Neben großen Bau- und Kommunalmaschinen geraten auch kleinere, mobil eingesetzte Geräte in den Fokus, sofern sie im Freien signifikanten Schall erzeugen. Eindeutigere Definitionen der Kategorien reduzieren Grauzonen bei der Einordnung. Gleichzeitig verknüpft die Verordnung Grenzwerte und Informationspflichten klarer mit der bestimmungsgemäßen Verwendung und den typischen Einsatzumgebungen.

  • Überprüfen Sie Grenzfälle: Geräte, die bislang knapp außerhalb des Anwendungsbereichs lagen, können nun eindeutig erfasst sein.
  • Berücksichtigen Sie Systemintegration: In Anlagenverbünden oder auf Fahrzeugen montierte Ausrüstung kann durch die reale Betriebsart höhere Schallemissionen zeigen als in Einzeltests.
  • Planen Sie Schutzmaßnahmen: Wo Grenzwerte wirken oder wo das Rest­risiko für Bediener hoch bleibt, benötigen Sie konstruktive Maßnahmen und klare organisatorische Vorgaben.

Verordnung (EU) 2024/1208 über Lärm: neue Pflichten für Etikettierung und Konformitätserklärung

Die Informationspflichten steigen. Anwender müssen die relevanten Lärmkennwerte sofort erkennen können. Daher verlangt die Verordnung deutliche Angaben direkt am Produkt beziehungsweise in unmittelbarer Nähe des Bedienfeldes. Parallel erweitert sich der Informationsgehalt der Konformitätserklärung und der technischen Unterlagen.

Welche Angaben müssen in die Konformitätserklärung?

Die Erklärung muss den verwendeten Messstandard, den ausgewählten Betriebszustand, die ermittelte Schallleistung inklusive Unsicherheit und die getroffenen Minderungsmaßnahmen nennen. Wenn konstruktive Elemente – etwa Schalldämpfer, Kapselungen oder geänderte Luftführungen – das Ergebnis beeinflussen, dokumentieren Sie diese präzise, damit Kunden den ausgewiesenen Wert mit dem realen Produktzustand verknüpfen können.

Eindeutige Kennzeichnung am Produkt

Platzieren Sie die Geräuschkennwerte dauerhaft und gut lesbar, vorzugsweise nahe der Bedienelemente. Bei Maschinen mit stark schwankenden Zyklen weisen Sie auf den lautesten Teil des Zyklus hin. Ergänzen Sie in der Anleitung klare Empfehlungen zu Gehörschutz, Mindestabständen, Abschirmungen und organisatorischen Maßnahmen für lärmintensive Betriebsarten.

Risikobeurteilung unter der Verordnung (EU) 2024/1208 über Lärm

Die reine Messzahl reicht nicht mehr. Sie bewerten systematisch, welche Gefährdungen aus Luftschall und möglichen Struktur­schall­übertragungen für Bediener und Umstehende entstehen. Dazu gehören auch Mehrmaschinenbetrieb, ungünstige Reflexionen in Höfen, der Schichtbetrieb mit Exposition über den Arbeitstag sowie Wartungs- und Störfälle. Aus der Beurteilung leiten Sie konstruktive, technische und organisatorische Maßnahmen ab und beschreiben sie verbindlich in Anleitung und Betriebsanweisungen.

  • Definieren Sie Einsatzszenarien: Normalbetrieb, Spitzenlast, Anfahr- und Abfahrvorgänge, Revisionsbetrieb.
  • Bewerten Sie die Expositionsdauer und Arbeitsorganisation: Aufenthaltszeiten, Wechselarbeitsplätze, rotierende Aufgabenverteilung.
  • Dokumentieren Sie Restrisiken: Auch nach Lärmminderung verbleibende Gefahren erfordern klare PSA-Vorgaben und Hinweise zu Abständen oder Abschirmungen.

Verordnung (EU) 2024/1208 über Lärm: Auswirkungen auf Hersteller, Importeure und Integratoren

  • Investitionen in Messtechnik und Know-how: Höhere Genauigkeitsklassen und standardisierte Verfahren erfordern qualifizierte Ausrüstung und geschultes Personal.
  • Mögliche Konstruktionsanpassungen: Wenn Grenzwerte verfehlt werden, planen Sie Kapselungen, Absorber, leisere Antriebe, optimierte Lüfter oder geänderte Prozessparameter.
  • Mehr Dokumentationsaufwand: Messberichte nach einheitlichem Schema, eindeutige Geräuschkennzeichnung und erweiterte Inhalte in Anleitung und Konformitätserklärung.
  • Eventuelle Neubewertung bestehender Modellreihen: Bleiben Produkte nach dem Stichtag im Programm, müssen die aktualisierten Anforderungen erfüllt und belegt werden.

In fünf Schritten zur Umsetzung der Verordnung (EU) 2024/1208 über Lärm

  1. Portfolio-Check: Ordnen Sie alle betroffenen Produkte den korrekten Kategorien zu und identifizieren Sie Modelle mit erhöhtem Risiko, Grenzwerten oder hoher Marktbedeutung.
  2. Messstrategie festlegen: Definieren Sie Betriebszustände, Messorte, Ausrüstung, Kalibrierpläne und das Berichtsformat. Berücksichtigen Sie die lautesten realistischen Zyklen.
  3. Technische Maßnahmen planen: Prüfen Sie Optionen zur Lärmminderung (Kapselung, Dämpfung, Luftströmung, Drehzahlmanagement) und bewerten Sie deren Einfluss auf Leistung, Wartung und Kosten.
  4. Dokumentation strukturieren: Aktualisieren Sie Konformitätserklärungen, Bedienungsanleitungen, Risikobeurteilungen und die technische Dokumentation einschließlich Messprotokollen und Nachweisen.
  5. Schulungen und interne Audits: Qualifizieren Sie Entwicklung, Versuch, Qualität und Service. Setzen Sie interne Reviews auf, um Konsistenz und Reproduzierbarkeit der Messungen zu sichern.

Typische Fallstricke und wie Sie sie vermeiden

  • Unklare Betriebszustände: Wenn der lauteste Modus nicht eindeutig definiert ist, geraten die Ergebnisse in Zweifel. Dokumentieren Sie Lastfälle und Zyklen glasklar.
  • Ungeeignete Messumgebungen: Reflexionen, Nebengeräusche und Wetter beeinflussen die Ergebnisse. Halten Sie die Referenzbedingungen ein und führen Sie Plausibilitätschecks durch.
  • Fehlende Messunsicherheit: Ohne Unsicherheitsbudget lässt sich das Ergebnis nicht bewerten. Legen Sie Messkette, Kalibrierung und Auswerteverfahren offen.
  • Inkonsistente Kennzeichnung: Werte in Anleitung, Typenschild und DoC müssen übereinstimmen. Führen Sie eine finale Dokumentenprüfung vor Auslieferung durch.
  • Vernachlässigte Integration: In Anlagen ändern sich Lasten und Schallpfade. Prüfen Sie relevante Konfigurationen der realen Anwendung, nicht nur das Einzelgerät im Labor.

Fazit: Einheitliche Regeln, höherer Aufwand – und mehr Rechtssicherheit

Die Verordnung (EU) 2024/1208 über Lärm ist mehr als eine Kosmetik der bisherigen Vorgaben. Sie schafft europaweit einheitliche, präzise Mess- und Informationspflichten und stärkt die Rolle der Risikobeurteilung. Hersteller gewinnen Rechtssicherheit, müssen aber Messprozesse, Kennzeichnung und Dokumentation auf ein neues, konsistentes Niveau heben. Wer bis zum 22. Mai 2025 vorbereitet ist, vermeidet Unterbrechungen beim Marktzugang und positioniert sich sichtbar als verantwortungsvoller Anbieter – ein Vorteil, der sich in Ausschreibungen, Audits und Kundenbewertungen messbar auszahlt.

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