Arbeiten Sie in Bereichen mit potenziell explosionsfähiger Atmosphäre, führt am Ex-Zeichen kein Weg vorbei. Dieses Kennzeichen zeigt, dass ein Gerät die strengen ATEX-Anforderungen erfüllt. Wer die Kennzeichnung versteht, Zoneneinteilungen korrekt vornimmt und die Konformität lückenlos dokumentiert, senkt das Explosionsrisiko, vermeidet Stillstände und schützt Beschäftigte – und zwar nachweisbar und rechtskonform.
Spis Treści
ATEX und das Ex-Zeichen: Bedeutung und Geltungsbereich
ATEX (von Atmosphères Explosibles) fasst Anforderungen für Produkte und Arbeitsplätze in explosionsgefährdeten Bereichen zusammen. Zwei EU-Rechtsakte bilden das Fundament: Die Richtlinie 2014/34/EU (Produktanforderungen an Geräte und Schutzsysteme) und die Richtlinie 1999/92/EG (Mindestanforderungen an Sicherheit und Gesundheitsschutz für Beschäftigte). Das Ex-Zeichen auf der Typenschild-Kennzeichnung signalisiert, dass ein Produkt die zutreffenden Schutzziele erreicht und der Hersteller eine gültige Konformitätsbewertung durchgeführt hat.
Die 1999/92/EG richtet sich an Arbeitgeber: Sie fordert Zoneneinteilung, Gefährdungsbeurteilung, technische und organisatorische Maßnahmen sowie Schulungen. Die 2014/34/EU adressiert Hersteller: Sie legt die grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen fest, die Konstruktion, Prüfungen, Dokumentation und Kennzeichnung abdecken. Nur das Zusammenspiel beider Ebenen führt zu einem konsistenten Explosionsschutz.
Rechtliche Grundlagen und harmonisierte Normen
Harmonisierte Normen liefern praxistaugliche Lösungen, um die Anforderungen der 2014/34/EU nachweisbar zu erfüllen. Besonders wichtig ist die Normenreihe EN 60079 für elektrische Geräte sowie ergänzende Regeln für staubexplosionsgefährdete Bereiche und mechanische Zündquellen.
- EN 60079-0: Allgemeine Anforderungen an Geräte in explosionsfähigen Atmosphären
- EN 60079-1: Zündschutzart druckfeste Kapselung (d)
- EN 60079-7: Zündschutzart Erhöhte Sicherheit (e)
- EN 60079-11: Zündschutzart Eigensicherheit (i)
- EN 60079-15: Zündschutzart nR/nA (nicht funkengebend, begrenzte Zündmöglichkeiten)
- EN 60079-31: Geräte für Bereiche mit brennbaren Stäuben (Gehäuse- und Oberflächenschutz, Kennbuchstabe t)
Diese Normen decken Details zu Entwürfen, Prüfverfahren, Temperaturen, Spaltmaßen, elektrischen Abständen, materialtechnischen Anforderungen und Dokumentation ab. Sie helfen Ihnen, Zündquellen wie Funken, heiße Oberflächen, mechanische Reibung oder elektrostatische Aufladung systematisch zu beherrschen.
Ex-Zeichen richtig lesen: Aufbau der Kennzeichnung
Das Typenschild fasst die wesentlichen Sicherheitsinformationen zusammen. Wer die Angaben konsequent prüft, wählt Geräte passgenau für die jeweilige Zone und den jeweiligen Stoff aus.
- CE-Kennzeichnung und ggf. Kennnummer der notifizierten Stelle
- Ex-Zeichen (Sechseck mit „Ex“)
- Gerätegruppe: I (Bergbau) oder II (übrige Bereiche der Industrie)
- Kategorie: 1/2/3 für Gase (G) bzw. Stäube (D)
- Explosionsgruppe (z. B. IIA/IIB/IIC für Gase; IIIA/IIIB/IIIC für Stäube)
- Zündschutzart(en): z. B. d, e, i, n, p, m, t – auch kombiniert
- Temperaturklasse T1–T6 (Gase) und/oder maximale Oberflächentemperatur (Stäube)
- Ausrüstungsebene (Equipment Protection Level, z. B. Ga/Gb bzw. Da/Db/Dc)
Beispiel: „CE 0081 Ex II 2G Ex d IIB T4 Gb“. Daraus lesen Sie: Industrielle Anwendung (Gruppe II), Kategorie 2 für Gase (Zone 1), Zündschutzart d (druckfeste Kapselung), Gasgruppe IIB, Temperaturklasse T4 und EPL Gb. Stimmen Zone, Stoffgruppe und Temperaturklasse mit der Anwendung überein, setzen Sie das Gerät bestimmungsgemäß ein.
Konformitätsbewertung: So erhält ein Gerät das Ex-Zeichen
Bevor ein Hersteller das Ex-Zeichen anbringt, führt er die passende Konformitätsbewertung durch. Die Auswahl hängt von Kategorie und Bauart ab. Typische Bausteine sind:
- EU-Baumusterprüfung: Eine notifizierte Stelle prüft das Muster und stellt ein Zertifikat aus.
- Qualitätssicherung der Produktion: Ein Audit stellt sicher, dass Seriengeräte dem geprüften Muster entsprechen.
- EU-Konformitätserklärung: Der Hersteller erklärt die Übereinstimmung mit den einschlägigen Rechtsakten.
Modifikationen an sicherheitsrelevanten Komponenten können die Gültigkeit einer Zertifizierung beeinflussen. Dokumentieren Sie Änderungen, bewerten Sie die Auswirkungen auf den Explosionsschutz und stimmen Sie sich bei Bedarf mit der notifizierten Stelle ab.
Zoneneinteilung und Auswahl der Gerätekategorien
Die Zoneneinteilung definiert Häufigkeit und Dauer des Auftretens einer explosionsfähigen Atmosphäre. Sie bildet die Grundlage für die Auswahl geeigneter Geräte und Schutzsysteme.
Gaszonen (0, 1, 2)
- Zone 0: dauerhaft, langzeitig oder häufig vorhandene Gasatmosphäre
- Zone 1: gelegentlich in Normalbetrieb vorhanden
- Zone 2: normalerweise nicht oder nur kurzzeitig vorhanden
Staubzonen (20, 21, 22)
- Zone 20: Staubatmosphäre ständig, langzeitig oder häufig vorhanden
- Zone 21: im Normalbetrieb gelegentlich vorhanden
- Zone 22: normalerweise nicht oder nur kurzzeitig vorhanden
Leiten Sie aus der Zone die Gerätekategorie ab: Zone 0/20 erfordert Kategorie 1, Zone 1/21 Kategorie 2, Zone 2/22 Kategorie 3. Prüfen Sie zusätzlich die Stoffgruppe (z. B. IIC ist strenger als IIB) und die Temperaturklasse bzw. maximale Oberflächentemperatur. Nur die Summe aller Kriterien führt zu einer korrekten Auswahl.
Schutzarten in Ex-Geräten: d, e, i, n, p, m, t
Zündschutzarten beschreiben technische Maßnahmen, die eine Zündung verhindern. Sie adressieren unterschiedliche Zündursachen und Einsatzszenarien.
- d – druckfeste Kapselung: Das Gehäuse hält eine interne Explosion zurück und verhindert das Flammenaustreten.
- e – erhöhte Sicherheit: Zusätzliche konstruktive Maßnahmen reduzieren Funken und unzulässige Erwärmung.
- i – Eigensicherheit: Begrenzte elektrische Energie verhindert zündfähige Funken oder Erwärmung.
- n – begrenzte Zündfähigkeit: Bauart mit reduziertem Zündrisiko, häufig für Zone 2.
- p – Überdruckkapselung: Schutzgas und Überdruck halten das Ex-Gemisch vom Innenraum fern.
- m – Vergusskapselung: Vergussmaterial kapselt potenzielle Zündquellen ein.
- t – Staubschutz durch Gehäuse: Konstruktion und Oberflächenmanagement verhindern Staubablagerung und -eintritt.
Viele Produkte kombinieren mehrere Schutzarten (z. B. Ex d e). Diese Kombinationen erhöhen die Sicherheit und schaffen Flexibilität bei der Integration in Anlagen.
Ex-Zeichen in der Praxis: typische Fehler und Gegenmaßnahmen
- Falsche Kategorie in falscher Zone: Kategorie 3G in Zone 1 führt zu unzureichendem Schutz.
- Ignorierte Temperaturklasse: Eine T2-Komponente in einer T4-Umgebung erzeugt überhöhte Oberflächentemperaturen.
- Unvollständige oder widersprüchliche Typenschilddaten: Kennzeichnung und Unterlagen müssen übereinstimmen.
- Nicht zertifizierte Ersatzteile: Unscheinbare Änderungen können Zündschutzmerkmale zunichtemachen.
- Fokus nur auf Elektrik: Mechanische Zündquellen (Reibung, Schlag, heißlaufende Lager) unbedingt berücksichtigen.
Setzen Sie auf strukturierte Prüfpläne, eindeutige Freigabeprozesse für Änderungen und eine saubere Dokumentation. So halten Sie die Integrität des Explosionsschutzes über den gesamten Lebenszyklus.
Betrieb, Inspektion und Instandhaltung in Ex-Bereichen
Ex-Geräte bleiben nur dann sicher, wenn Sie sie bestimmungsgemäß betreiben und regelmäßig prüfen. Richten Sie Ihre Abläufe an Herstellerangaben, Normen und betrieblicher Gefährdungsbeurteilung aus.
- Inspektionen mit definierten Intervallen: Sichtprüfungen, Detailprüfungen, Funktionsprüfungen – risikoorientiert getaktet.
- Originalteile verwenden: Dichtungen, Kabeleinführungen, Klemmen und Lager nur in freigegebenen Spezifikationen einsetzen.
- Temperaturmanagement: Oberflächentemperaturen und Staubablagerungen überwachen, Reinigungsintervalle einhalten.
- Änderungsmanagement (MOC): Technische Änderungen bewerten, freigeben, dokumentieren.
- Qualifizierte Personen einsetzen: Schulungen und Befähigungen für Planung, Montage, Prüfung und Instandhaltung nachweisen.
Planen Sie zusätzliche Prüfungen nach Störungen, Umbauten oder Produktionsumstellungen ein. Ereignisbezogene Checks verhindern, dass verdeckte Schwachstellen bestehen bleiben.
Schnittstellen zu Maschinenverordnung 2023/1230, EMC und LVD
Viele Maschinen in Ex-Bereichen unterliegen parallel zur 2014/34/EU auch der Maschinenverordnung (EU) 2023/1230 sowie ggf. EMV- und Niederspannungsrecht. Beziehen Sie diese Rechtsakte in die Gesamt-Konformität ein. Steuerungen, Software, Kommunikation und Cybersecurity beeinflussen den sicheren Betrieb und können zusätzliche Nachweise erfordern.
Erstellen Sie eine integrierte Risikobeurteilung: Verknüpfen Sie mechanische, elektrische und softwarebezogene Gefährdungen. Stimmen Sie die Betriebsanleitungen aufeinander ab, damit Bediener und Instandhalter klare, widerspruchsfreie Vorgaben erhalten.
Ex-Zeichen und Managementsysteme: Dokumentation, Schulung, Audit
Ex-Sicherheit entsteht aus Technik, Organisation und Kultur. Legen Sie verbindliche Prozesse fest und halten Sie sie aktuell.
- Dokumentation: Zoneneinteilung, Stoffdaten, Auswahlentscheidungen, Prüfnachweise, Wartungshistorie
- Kompetenz: Fortlaufende Schulungen für Planung, Montage, Betrieb, Prüfung und MOC
- Audits: Interne und externe Audits decken Lücken auf und stärken die Compliance
- KPIs: Fehlerraten, Befunde aus Inspektionen, Reaktionszeiten und Abstellmaßnahmen messen
Mit klaren Verantwortlichkeiten, qualifizierten Dienstleistern und einem bewährten Qualitätsmanagement verbinden Sie die Anforderungen aus ATEX, Maschinenrecht und Elektrosicherheit zu einem stimmigen System.
Fazit: Ex-Zeichen als Sicherheitsversprechen
Das Ex-Zeichen ist mehr als ein Symbol. Es bündelt strenge rechtliche Pflichten, erprobte technische Lösungen und gelebte Verantwortung. Wer die Kennzeichnung korrekt liest, Zoneneinteilung sauber herleitet, Geräte sachgerecht auswählt und den Betrieb professionell organisiert, senkt Risiken, erfüllt Gesetze und schützt Menschen. Machen Sie Explosionsschutz zur Routine – konsequent, nachweisbar und wirksam.
FAQ: Ex-Zeichen
Grundsätzlich nein. Kategorie 3G ist für Zone 2 ausgelegt. In Zone 1 benötigen Sie Geräte der Kategorie 2G oder höher. Eine zu niedrige Kategorie erhöht das Zündrisiko und verletzt Schutzvorgaben.
Nicht immer. Das Ex-Zeichen bestätigt die ATEX-Compliance, doch Maschinen müssen zudem die Maschinenverordnung (EU) 2023/1230 sowie ggf. EMV- und Niederspannungsanforderungen erfüllen. Nur eine integrierte Konformitätsbewertung deckt alles ab.
Intervall und Tiefe richten sich nach Zone, Gerätetyp, Herstellerangaben und Einsatzbedingungen.
Bewährt haben sich regelmäßige Sicht- und Detailprüfungen (z. B. halbjährlich bis zweijährlich). In höheren Zonen (0/20, 1/21) prüfen Sie häufiger und detaillierter, zusätzlich anlassbezogen nach Störungen oder Änderungen.
Ja, sofern eine notifizierte Stelle das Zertifikat ausgestellt hat und das Produkt samt Dokumentation unverändert den zertifizierten Zustand widerspiegelt. ATEX ist EU-Recht und gilt unionsweit.
Nein. Neben elektrischen Zündquellen berücksichtigt ATEX auch mechanische Risiken wie Reibung, Schlag, heißlaufende Lager oder elektrostatische Aufladung. Auch mechanische Geräte müssen die Anforderungen erfüllen.
