EU-Konformitätserklärung nach Verordnung (EU) 2023/1230: neue Pflichtangaben, Module, Normen und Muster

Die EU-Konformitätserklärung steht mit der neuen Maschinenverordnung (EU) 2023/1230 im Mittelpunkt jeder Marktzulassung. Wer heute Maschinen entwickelt oder baut, sollte die neuen Anforderungen sofort berücksichtigen. Spätestens ab 2027 ersetzt die Verordnung die Maschinenrichtlinie 2006/42/EG vollständig. Wer Maschinen erst nach diesem Stichtag in Verkehr bringt oder in Betrieb nimmt, muss die aktualisierten inhaltlichen Pflichtangaben, die Benennung des Bewertungsmoduls und die erweiterten Kontaktangaben bereits erfüllen – sonst drohen Verzögerungen und Mehrkosten.

Was sich mit der EU-Konformitätserklärung für Maschinen ändert

Die Verordnung (EU) 2023/1230 modernisiert die Dokumentationspraxis. Kernelemente sind die ausdrückliche Herstellerverantwortung, die klare Benennung der angewandten Konformitätsbewertungsmodule, präzisere Verweise auf harmonisierte Normen (auch Teilanwendung), zusätzliche Kontaktdaten sowie Sonderangaben für bestimmte Maschinengattungen. Ziel ist mehr Transparenz für Marktüberwachung und Anwender und eine eindeutige Zuordnung der Verantwortung.

Exklusive Herstellerverantwortung in der EU-Konformitätserklärung

Neu ist die verpflichtende Textpassage zur alleinigen Verantwortung des Herstellers. Die Erklärung muss klarstellen: „Diese EU-Konformitätserklärung wird in alleiniger Verantwortung des Herstellers ausgestellt.“ Dieser Satz macht unmissverständlich deutlich, wer für Sicherheit, Gesundheitsschutz und Rechtskonformität einsteht. Er hilft Aufsichtsbehörden, den verantwortlichen Wirtschaftsakteur schnell zu identifizieren, und stärkt die Sorgfaltspflicht im Unternehmen.

Verfahren der Konformitätsbewertung und Module benennen

Die Erklärung muss das tatsächlich angewandte Konformitätsbewertungsverfahren benennen. In der Praxis kommen – abhängig von Maschinentyp und Risiken – verschiedene Module zum Einsatz, z. B.:

  • Modul A: Interne Fertigungskontrolle
  • Modul B: EU-Baumusterprüfung (Typprüfung)
  • Modul C: Konformität mit der Bauart auf Grundlage der internen Fertigungskontrolle
  • Modul G: Einzelprüfung
  • Modul H: Vollständige Qualitätssicherung

Was in die EU-Konformitätserklärung gehört: Module A, B, C, G, H

Nennen Sie das Modul explizit und beschreiben Sie den Umfang – etwa, ob eine EU-Baumusterprüfung für ein repräsentatives Muster vorliegt (Modul B) und die Serienfertigung dem geprüften Muster entspricht (Modul C), oder ob eine Einzelprüfung (Modul G) erfolgte. Diese Präzision erhöht die Glaubwürdigkeit der Erklärung und erleichtert die Marktaufsicht.

Notifizierte Stelle korrekt aufführen

Sobald eine notifizierte Stelle beteiligt ist, muss die EU-Konformitätserklärung deren Namen, die vierstellige Kennnummer und die Kennzeichnung der ausgestellten Bescheinigung enthalten. Achten Sie auf konsistente Referenzen (z. B. Zertifikatsnummer, Ausgabedatum) und eine eindeutige Zuordnung zum Produkt. Für die Rückverfolgbarkeit sollten diese Angaben mit den Produktionsunterlagen und der technischen Dokumentation übereinstimmen.

Harmonisierte Normen gezielt zitieren: Teilanwendung dokumentieren

Die Verordnung erlaubt, Normen nicht nur vollständig, sondern auch abschnittsweise zu zitieren. Das ist praktisch, wenn Sie in der Konstruktion nur bestimmte Kapitel einer Norm angewendet haben. Dokumentieren Sie dann konkret, welche Abschnitte herangezogen wurden und ggf. welche Gründe für Abweichungen bestehen. Nennen Sie zusätzlich – wo verfügbar – die Fundstelle der Norm im Amtsblatt der EU oder die Ausgabedaten. So zeigen Sie, dass die grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen methodisch abgedeckt sind.

Zusätzliche Kontaktdaten in der EU-Konformitätserklärung

Neben Name/Firma und vollständiger Anschrift verlangt die EU-Konformitätserklärung jetzt auch unmittelbare Kontaktmöglichkeiten: E-Mail-Adresse und Telefonnummer. Die Marktüberwachung kann Fragen schneller klären, und Anwender erhalten direkten Zugang zu technischen Ansprechpartnern. Dieser Punkt erhöht die Transparenz und reduziert Verzögerungen in der Kommunikation.

Besondere Fälle: fest montierte Hebezeuge und Serien-/Einzelmaschinen

Für bestimmte Maschinen – etwa dauerhaft in Gebäuden montierte Hebezeuge – gehört die Angabe des Installationsortes in die Erklärung. Bei Serienmaschinen sollte die Erklärung Serien- oder Typkennzeichnung plus eindeutige Produktidentifikatoren (z. B. Seriennummer) enthalten. Bei Unikaten ist die exakte Beschreibung des Gegenstands und seines Verwendungszwecks wichtig, um die Rückverfolgbarkeit zu sichern.

Form und Signatur: handschriftlich oder elektronisch

Die Erklärung muss Ort, Datum, den Namen und die Funktion der unterzeichnenden Person enthalten. Ein handschriftlicher oder qualifizierter elektronischer Signaturprozess ist zulässig – entscheidend ist die eindeutige Zurechnung zur verantwortlichen Person und die Fälschungssicherheit. Bewahren Sie die signierte Fassung revisionssicher auf und steuern Sie Versionen, wenn Produkte oder Rechtsgrundlagen aktualisiert werden.

Digitale EU-Konformitätserklärung: Anforderungen an eSignatur

Bei einer elektronisch bereitgestellten EU-Konformitätserklärung empfiehlt sich eine qualifizierte elektronische Signatur nach eIDAS sowie eine Langzeitarchivierung (z. B. mit Zeitstempel). Stellen Sie sicher, dass der Dokumentinhalt unverändert bleibt und im Audit zweifelsfrei als Original erkennbar ist.

Übergang von der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG zur Maschinenverordnung

Die Maschinenverordnung löst die Richtlinie ab und schärft die Erklärungspflichten. Wichtige Änderungen betreffen die explizite Herstellerverantwortung, die Pflicht zur Nennung des Bewertungsmoduls, die erweiterten Kontaktdaten und die Möglichkeit, Normen abschnittsweise zu zitieren. Zudem fällt die frühere Pflicht weg, in der Erklärung eine Person in der EU zu benennen, die die technische Dokumentation zusammenstellt – verantwortlich bleibt aber weiterhin der Hersteller.

Wichtigste Unterschiede in der EU-Konformitätserklärung

  • Neues Pflichtstatement: alleinige Verantwortung des Herstellers
  • Klare Benennung des Konformitätsbewertungsmoduls
  • Detailverweise auf Normabschnitte möglich
  • Erweiterte Kontaktdaten: E-Mail und Telefon
  • Sonderangaben für fest montierte Hebezeuge (Installationsadresse)
  • Option der elektronischen Signatur

Praxisleitfaden: So erstellen Sie eine EU-Konformitätserklärung Schritt für Schritt

  • Produkt identifizieren: Bezeichnung, Typ/Modell, Seriennummer, Baujahr, Bestimmung
  • Rechtsgrundlagen bestimmen: Maschinenverordnung (EU) 2023/1230 und ggf. weitere EU-Rechtsakte
  • Risikobeurteilung durchführen: Gefährdungen analysieren, Schutzmaßnahmen festlegen, Restrisiko dokumentieren
  • Konformitätsbewertungsmodul wählen: abhängig von Produkt und Risiken
  • Technische Unterlagen erstellen: Zeichnungen, Schaltpläne, Berechnungen, Prüfberichte, Normenliste
  • Normen zitieren: harmonisierte Normen und ggf. Teile davon mit Ausgabestand
  • Notifizierte Stelle einbinden (falls erforderlich): Prüfung/Zertifikat, ID-Nummer
  • EU-Konformitätserklärung entwerfen: alle Pflichtangaben aufnehmen
  • Signatur: Verantwortliche Person benennen, Datum/Ort, handschriftlich oder qualifiziert elektronisch unterzeichnen
  • CE-Kennzeichnung anbringen: sichtbar, lesbar, dauerhaft
  • Aufbewahrung und Aktualisierung: dokumentieren, versionieren, bei Änderungen anpassen

Muster: EU-Konformitätserklärung für eine Maschine

EU-KONFORMITÄTSERKLÄRUNG
gemäß Verordnung (EU) 2023/1230 des Europäischen Parlaments und des Rates über Maschinen

  1. Identifikation des Produkts
    • Produktname: Hydraulikpresse HP-500
    • Typ/Modell: HP-500
    • Seriennummer: 12345-2024
    • Baujahr: 2024
  2. Hersteller
    • Firma: Beispiel GmbH
    • Adresse: Maschinenstraße 10, 10100 Berlin, Deutschland
    • E-Mail: contact@beispiel.de
    • Telefon: +49 30 1234 5678
  3. Installationsadresse (falls dauerhaft montiert)
    • Nur falls zutreffend: Industriepark 5, 90400 Nürnberg, Deutschland
  4. Erklärung des Herstellers
    • „Diese EU-Konformitätserklärung wird in alleiniger Verantwortung des Herstellers ausgestellt.“
  5. Gegenstand der Erklärung
    • Die Hydraulikpresse HP-500 erfüllt die einschlägigen Anforderungen der Verordnung (EU) 2023/1230.
  6. Rechtsgrundlagen
    • Harmonisierungsrechtsvorschriften der Union: Verordnung (EU) 2023/1230
  7. Harmonisierte Normen und Spezifikationen
    • EN 60204-1:2018, Abschnitte 13.1.3 und 13.4.2 angewendet (Leitungsführung, mechanischer Schutz)
    • Abweichung: Abschnitt 10.2.1 (Farbgebung Bedienelemente) nicht vollständig angewendet – sicherheitsrelevant nicht erforderlich, kundenspezifische Gestaltung
  8. Konformitätsbewertungsverfahren
    • Angewandtes Modul: Modul B – EU-Baumusterprüfung
    • Beteiligte notifizierte Stelle:
      • Name: Institut für Maschinenzertifizierung
      • Kennnummer: 1234
      • Zertifikat: 2024-XYZ-567
  9. Ort, Datum, Unterschrift
    • Ausgestellt für: Beispiel GmbH
    • Ort/Datum: Berlin, 27.11.2024
    • Name: Max Mustermann
    • Funktion: Technischer Leiter
    • Unterschrift: handschriftlich oder qualifiziert elektronisch

Häufige Fehler und wie Sie sie vermeiden

  • Kein Bewertungsmodul angegeben: Führen Sie das Modul stets explizit auf.
  • Veraltete Normenstände: Prüfen Sie Ausgabedatum und Referenz im Amtsblatt; dokumentieren Sie Teilanwendungen transparent.
  • Fehlende Kontaktdaten: E-Mail und Telefonnummer gehören verpflichtend in die EU-Konformitätserklärung.
  • Inkonsistente Identifikatoren: Stimmen Sie Modell- und Seriennummern mit Typenschild und technischen Unterlagen ab.
  • Vergessene Sonderangaben: Bei fest montierten Hebezeugen Installationsadresse aufnehmen.
  • Unklare Verantwortlichkeit: Fügen Sie den vorgeschriebenen Verantwortungs-Satz ein.
  • Fehlende Autorisierung: Nur zeichnungsberechtigte Personen dürfen unterzeichnen; Funktion in der Erklärung angeben.
  • Keine Versionierung: Änderungen am Produkt erfordern eine aktualisierte Erklärung mit neuem Datum/Version.

Fazit: Jetzt handeln und Risiken vermeiden

Die Anforderungen der Verordnung (EU) 2023/1230 erhöhen die Aussagekraft der EU-Konformitätserklärung – und damit Ihre Rechtssicherheit. Wer die neuen Pflichtfelder, das korrekte Bewertungsmodul und präzise Normverweise heute schon umsetzt, minimiert Projektrisiken und beschleunigt die Inverkehrbringung. Nutzen Sie die Erklärung nicht als Formalie, sondern als belastbaren Nachweis eines strukturierten, sicherheitsorientierten Entwicklungs- und Fertigungsprozesses.

Oceń post